Eigenschaften des kolloidalen Zustands

Kolloidale Systeme sind physikalisch und chemisch heterogene Gemische.  Dies sind disperse, in der Regel meist aus zwei Komponenten bestehende Systeme, die den Anschein eines physikalisch homogenen Systems erwecken, obwohl die beiden Komponenten in Wirklichkeit nicht molekular miteinander vermischt sind.  Der Begriff "kolloidal" bezieht sich auf die Größenordnung eines in einer Umgebung dispergierten Teilchens, das einen Durchmesser von etwa 1 bis 100 nm aufweist.  Dazu gehören z.B. Lösungen von Substanzen wie Peptiden, Proteinen, Stärke und synthetischen Polymeren.  Die Oberfläche der sich berührenden Phasen kann eine makroskopische Größe haben.

Veröffentlicht: 6-02-2023

Die Dicke der Grenzfläche beträgt etwa 0,5-2 nm, daher müssen die kolloidalen Partikel mindestens doppelt so groß sein wie die Dicke der Oberflächenschicht.  Die untere Grenze für die Größe eines kolloidalen Partikels liegt somit bei 1 nm, die obere Grenze beträgt herkömmlich 100 nm.  Kolloidale Partikel können dreidimensional sein, wenn alle Dimensionen in der Größenordnung der kolloidalen Zerkleinerung liegen, zweidimensional (lamellenförmig), wenn zwei Dimensionen in dieser Größenordnung liegen, oder eindimensional (fadenförmig), wenn eine Dimension kolloidale Zerkleinerung aufweist.

Disperses System

Es ist ein System, das ein Dispersionsmedium und eine dispergierte Phase enthält.   Wir können es in mehrere Arten unterteilen:

  1. wenn die dispergierte Substanz eine Ansammlung von Teilchen gleicher Größe ist – monodispers,
  2. wenn die Teilchen der dispergierten Substanz von unterschiedlicher Größe sind – polydispers,
  3. die Teilchen der dispergierten Substanz die gleiche Form haben (z. B. Stäbchen, Kugeln, Lamellen) – isomorph,
  4. die Teilchen der dispergierten Substanz unterschiedliche Formen haben – polymorph.

Kolloidale Systeme

Die dispergierte (disperse) Phase ist im Vergleich zur Menge der anderen Phase, dem kontinuierlichen Dispersionsmedium, in geringer Menge vorhanden.  Die kontinuierliche Phase (z.B. ein Lösungsmittel) wird als Dispersionsmedium bezeichnet. Die dispergierte Phase wird von der zweiten Komponente gebildet. Kolloidale Partikel befinden sich zwischen Systemen mit molekularer Zerkleinerung (z.B. Lösungen) oder mechanischer Zerkleinerung (Suspensionen, Aufschlämmungen).  Sowohl die disperse als auch die dispergierte Phase können in jedem Aggregatzustand vorliegen. Eine der Grundbedingungen für die Stabilisierung der meisten kolloidalen Systeme ist die elektrische Ladung der Teilchen der dispergierten Phase. Auf der Oberfläche jedes Teilchens befindet sich eine so genannte elektrische Schicht, d.h.:

  • eine unbewegliche Schicht, die durch stark adsorbierte Ionen und Dipole direkt auf der Oberfläche eines kolloidalen Partikels gebildet wird,
  • eine Diffusionsschicht, in der die Ionen und Dipole in einer bestimmten Weise verteilt sind, sich aber in einem gewissen Abstand zur Partikeloberfläche befinden, weniger stark an diese gebunden sind und ihre Position verändern können.

Durch diese Verteilung der Ionen und Dipole entsteht an der Grenzfläche zwischen dem kolloidalen Partikel und dem Dispersionsmedium eine Potenzialdifferenz.   Die Neutralisierung der elektrischen Ladungen von Kolloiden führt häufig zur Zerstörung des kolloidalen Zustands durch Abtrennung der dispergierten Phase in Form größerer Aggregate, was als Koagulation bezeichnet wird.

Herstellung von Kolloiden

Viele Substanzen lassen sich mit Hilfe des geeigneten Dispersionsmediums, der Temperatur und der Arbeitstechnik in einen kolloidalen Aggregatzustand versetzen. Es kann durch Dispersion (Zerkleinerung) makroskopischer Systeme oder durch Kondensation von Atomen, Ionen oder Molekülen zu Aggregaten (gebündelten Teilchen) bestimmter Größe gewonnen werden. Die grundlegenden Methoden werden in Dispersion und Kondensation unterteilt.

  1. Dispersionsverfahren: mechanische Dispersion (Zerreiben), elektrische Dispersion, Ultraschall-Pulverisierung, thermische Pulverisierung, kolloidale Auflösung, Peptisierungsverfahren. Das Zerkleinern ist eine Arbeit gegen die Kohäsionskräfte.

Die Wahl der Methode hängt von der physikalischen Beschaffenheit des Dispergiermediums und der dispergierten Phase ab. Bei makromolekularen Stoffen genügt es, den Stoff in einem entsprechenden Lösungsmittel (z.B. Polystyrol in Benzol) aufzulösen. Handelt es sich bei dem Dispersionsmedium um eine organische Flüssigkeit, sollte das Zermahlen unter Zugabe von höheren organischen Säuren erfolgen.

  1. Bei Kondensationsprozessen werden aus Atomen, Ionen oder Teilchen größere Aggregate gebildet. Die Kondensation in Lösungen ist mit dem Ablauf chemischer Reaktionen oder mit einem bestimmten physikalischen Phänomen verbunden; meist sind dies Methoden der Löslichkeitsreduktion, Reduktion, Oxidation, Austauschreaktionen, Polymerisation und Hydrolyse. Bei chemischen Reaktionen werden Teilchen durch metallische, ionische oder kovalente Bindungen und bei physikalischen Prozessen durch intermolekulare Kräfte gebildet.

Ein Beispiel ist die Reduktionsreaktion von Lösungen von Edelmetallsalzen, bei der Hydrosole dieser Metalle gewonnen werden. Reduktionsmittel können Wasserstoffperoxid, Ameisensäurealdehyd, Hydrazin und Eisensalze sein. Durch eine chemische Reduktionsreaktionsmethode wurden Hydrasole aus Gold, Silber und Platin gewonnen. Die abgetrennten Metallatome verbinden sich zu Atombündeln (Clustern) mit kolloidalen Abmessungen.

Unterteilung der Kolloide

  1. Aufgrund der Art des Übergangs in den kolloidalen Zustand:
    1. Assoziationskolloide – die spontan in den kolloidalen Zustand übergehen,
    2. Dispersionskolloide – entstehen durch die erzwungene Zersplitterung einer dispergierten Substanz.
  2. Aufgrund des Aggregatzustandes:
    1. Aerosole – das Dispersionsmedium ist ein Gas, zum Beispiel Nebel, Staub,
    2. Sole, kolloidale Lösungen – das Dispergiermedium ist eine Flüssigkeit, z.B. Schaum, Milch,
    3. Festschäume – das Dispergiermedium ist ein Feststoff, z.B. Bimsstein, Phosphorperlen.
  3. Aufgrund der Morphologie:
    1. Isometrisch, d.h. alle drei Dimensionen (Länge, Breite, Höhe) sind gleich, z.B. Kugeln, Würfel,
    2. anisometrisch, wenn die Abmessungen unterschiedlich sind, z.B. Stäbchen, Plättchen.
  4. Aufgrund der Affinität der kolloidalen Partikel zum Lösungsmittel:
    1. lyophil – haben eine hohe Affinität für Lösungsmittel, hohe Persistenz,
    2. lyophob – haben eine geringe Affinität zum Lösungsmittel.

Beispiele für Kolloide

Emulsionen – kolloidale Systeme, bei denen sich sowohl das Dispersionsmedium als auch die dispergierte Phase in einem flüssigen Zustand befinden.  Die Flüssigkeiten vermischen sich nicht miteinander, sondern eine wird in der anderen als feine Tröpfchen dispergiert. Normalerweise besteht eine Phase aus Wasser und die andere ist die so genannten Ölphase.  Aufgrund der Struktur und der Volumenverhältnisse der Phasen lassen sich Emulsionen in ein Wasser-in-Öl W/O-Emulsion, bei der die disperse Phase Öl und die  Dispersionsmittel Wasser ist, und analog dazu in ein Öl-in-Wasser O/W-Emulsion unterteilen.

Aerosole werden durch Dispersion von Feststoffen (Rauch) oder Flüssigkeiten (Nebel) in einem Gas gewonnen. Dämpfe entstehen durch die Dispersion von Feststoffen in einem Gas, auch als Ergebnis einer chemischen Reaktion, z.B. NH3 + HCl -> NH4Cl. Nebel sind das Ergebnis der Kondensation von Flüssigkeiten in übersättigten Dämpfen.  Beispiele für Partikelgrößen von 10 – 1000 Å (Angström), z.B. Tabakrauch 2-10 Å, Tröpfchen in Wolken 40-100 Å.

Schaumstoffe werden durch Dispergieren eines gasförmigen Stoffes in einer Flüssigkeit gewonnen. Die Gasteilchen sind durch dünne Flüssigkeitsschichten getrennt, die das Gerüst des Schaums bilden. Die Haltbarkeit hängt von der Verstärkung der Membranen ab, die die Gaspartikel mit dünnen Filmen aus Tensiden trennen. Die Schaumbildung, die Größe der dispergierten Gaspartikel und ihre Persistenz sind von erheblicher Bedeutung für den Prozess der Erzanreicherung – die Flotation.  Tenside, die der wässrigen Suspension des fein gemahlenen Erzes zugesetzt werden, bilden mit der eingeblasenen Luft feine Schaumpartikel, die selektiv mit dem Erz interagieren, um es von Gangartmineralen zu trennen.


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