Kolloidale Systeme

Kolloidale Systeme sind sowohl physikalisch als auch chemisch heterogene Gemische. Sie sind durch einen bestimmten Feinheitsgrad der Phasen gekennzeichnet, wobei der Schlüssel darin liegt, dass eine Phase in der anderen dispergiert sein muss.  Die dispergierte Phase, auch Dispersionsphase genannt, ist in sehr geringen Mengen im Verhältnis zur anderen Phase vorhanden, die ihrerseits ein kontinuierliches Dispersionsmedium ist. Beide Phasen können in jedem Aggregatzustand auftreten. Die Voraussetzung für die Bezeichnung als Kolloid ist, dass die Abmessungen der dispergierten Phase zwischen 1 und 100 nm liegen. Ein kolloidales System mit gleichen Teilchendurchmessern ist ein isodisperses System. Die in der Natur am häufigsten vorkommenden Systeme sind jedoch polydispers, d.h. ihre Teilchen haben unterschiedliche Durchmesser.

Veröffentlicht: 27-04-2023

Aufteilung der Kolloide

Es gibt mehrere Kategorien zur Aufteilung kolloidaler Systeme, d.h.:

  1. aufgrund des Aggregatzustandes des Dispersionsmittels,
  2. aufgrund der Art der dispergierenden Phase,
  3. je nach der Affinität des Kolloids zur dispergierenden Phase,
  4. aufgrund der Struktur des Kolloids,
  5. je nach der Reversibilität des Koagulationsprozesses.

Aufteilung der Kolloide nach dem Aggregatzustand des Dispersionsmediums

Dispersionsmedium Dispergierte Phase Name Beispiel
Feststoff Feststoff Festes Sol Legierung (Stahl)
Feststoff Flüssigkeit Festemulsion Butter
Feststoff Gas Festschaum Styropor
Flüssigkeit Feststoff Sol, Gel Schlamm
Flüssigkeit Flüssigkeit Emulsion Milch
Flüssigkeit Gas Schaum Schlagsahne
Gas Flüssigkeit Flüssiges Aerosol Staub
Gas Gas Festes Aerosol Smog

Tabelle 1 Aufteilung der Kolloide nach dem Aggregatzustand des Dispersionsmediums

 

Auch bei der flüssigen dispergierenden Phase gibt es eine Unterteilung nach ihrer Art. Wenn Wasser das Dispersionsmedium ist, spricht man von Hydrosolen. Ist eine organische Flüssigkeit das Dispersionsmedium, handelt es sich bei dem kolloidalen System um ein Organosol. In direktem Zusammenhang damit steht auch die Einteilung der Kolloide nach der Affinität des Lösungsmittels:

  1. Lyophile Kolloide sind solche, die eine Affinität für das Lösungsmittel haben. Sie solvatisieren oder hydratisieren stark darin, sind stabil und weniger empfindlich gegenüber jeder Art von Koagulationsmitteln.
  2. Lyophobe Kolloide hingegen haben keine Affinität zur dispergierenden Phase. Sie solvatisieren daher nicht oder nur in geringem Maße.

Wenn die dispergierende Phase Wasser ist, werden solche lyophoben Kolloide als hydrophob bezeichnet. Sie hydratisieren nicht, aber Ionen aus der Lösung adsorbieren an ihrer Oberfläche. In polaren Lösungsmitteln sind sie ohne die Anwesenheit eines Emulgators nicht stabil. Beispiele für solche Systeme sind Milch und Mayonnaise. Zu den hydrophilen Kolloiden, deren hydrophile Gruppen des Makropartikels es in Wasser in der Schwebe halten, gehören Proteine, Gelatine und Geleebonbons.

Aufteilung nach der Struktur der Kolloide

  1. Molekulare Kolloide, auch Eukoloide genannt, werden aus Molekülen von Verbindungen (Proteine, Kautschuk, Stärke) gebildet, die in einer dispergierenden Phase verteilt sind. Die Moleküle des Lösungsmittels sind in der Lage, in die Makromoleküle einzudringen, so dass die Phasengrenze nicht eindeutig ist. Es sind Kolloide, die nicht unbedingt eine elektrische Ladung haben.
  2. Phasenkolloide, die sich bilden, wenn die Moleküle von gewissen chemischen Verbindungen, z.B. AgCl, Fe(OH)3, eine Anzahl von Atomen oder Molekülen in Anordnungen umeinander gruppieren, die der Größe der kolloidalen Partikel entsprechen, die eine separate Phase bilden. Solche Kolloide haben eine elektrische Ladung auf der Oberfläche und es sind unter anderem Gold-, Silber- und Metalloxidsole.
  3. Assoziative Kolloide oder so genannte Mizellen bestehen aus assoziierten Molekülen, die ein größeres Teilchen bilden, wie zum Beispiel bei Natriumdodecylsulfat (SDS).

Aufteilung der Kolloide aufgrund der Reversibilität des Koagulationsprozesses

Unter Koagulation versteht man den Vorgang, bei dem sich einzelne Teilchen einer dispergierten Substanz zu größeren Ansammlungen, den so genannten Aggregaten, zusammenschließen. Diese fallen dann in Form eines Niederschlages aus dem System heraus. Der Koagulationsprozess führt also zur Zerstörung des kolloidalen Systems zugunsten der Abtrennung der dispergierten Phase in Form von größeren Niederschlagansammlungen oder Flüssigkeitstropfen. Im Hinblick auf die Reversibilität dieses Prozesses werden die Kolloide in solche unterteilt, bei denen die Koagulation ist:

  1. Irreversibel, wenn der Sol nach der Koagulation nicht mehr in ihren ursprünglichen Zustand zurückkehren kann. Dies ist auf die Neutralisierung der elektrischen Oberflächenladung zurückzuführen. Ein Beispiel für einen solchen Prozess ist die Denaturierung von Proteinkolloiden unter Temperatureinfluss, die zur Zerstörung ihrer Strukturen der Ordnung II, III und IV führt.
  2. Reversibel, wenn die Kolloide nach der Koagulation einen Peptidierungsprozess durchlaufen können, der zu einer erneuten Bildung von Sol führt. Der Koagulationsprozess ist in solchen Fällen das Ergebnis der Beseitigung der Solvatationshülle, die das Kolloid umgibt. Ein Beispiel für einen solchen Prozess ist die Koagulation von Hühnerprotein, das in eine Solform zurückkehren kann, wenn es mit Natriumchlorid versetzt und mit Wasser verdünnt wird.

Faktoren, die die Stabilität von Kolloiden beeinflussen

  1. Die Größe des dispergierten Teilchens – je kleiner das Teilchen, desto größer ist in der Regel die Stabilität.
  2. Das Vorhandensein einer elektrischen Oberflächenladung.
  3. Das Vorhandensein einer Solvatationshülle, im Falle von hydrophilen Kolloiden.

Kinetische Eigenschaften kolloidaler Systeme

  1. Brownsche Bewegung, h. chaotische Bewegungen der Teilchen der dispergierten Phase in der dispergierenden Flüssigkeits- oder Gasphase. Sie werden durch Zusammenstöße der Kolloidteilchen mit dem Dispersionsmedium verursacht.
  2. Diffusion, bei der sich die Kolloidteilchen von einer Region mit höherer Konzentration zu einer Region mit niedrigerer Konzentration bewegen. Die Geschwindigkeit des Prozesses ist aufgrund der großen Abmessungen der Teilchen gering.
  3. Sedimentation, die durch die Wirkung der Schwerkraft auf Kolloidpartikel entsteht, die auf den Boden des Gefäßes fallen. Der Prozess verläuft langsam und das Phänomen wird zur Bestimmung der Molekülmasse von Makromolekülen verwendet.

Optische Eigenschaften von Kolloiden

Im Gegensatz zu echten Lösungen haben flüssige kolloidale Systeme ausreichend große Teilchen, um sichtbares Licht zu streuen. Dies geschieht, wenn die Brechungsindizes des Mediums und der dispergierten Phase unterschiedlich sind. Die wichtigsten Faktoren bei der Streuung sind Beugung und Reflexion. Dann kommt es zu einer gleichmäßigen Streuung in jede Richtung.

Elektrische Eigenschaften von Kolloiden

  1. Elektrokinetisches Potenzial, das sich aus der Potenzialdifferenz zwischen der stationären Diffusionsschicht der Teilchen der dispergierten Phase und der dispergierten Phase ergibt. Es entsteht an der Oberfläche der dispergierten Teilchen und hat einen enormen Einfluss auf die Stabilität von kolloidalen Systemen.
  2. Elektrophorese, oder besser gesagt die elektrophoretische Mobilität, zeichnet auch Kolloide aus. Sie wird durch Faktoren wie Form und Größe der Partikel, pH-Wert, Stärke des angelegten elektrischen Feldes und Temperatur beeinflusst.
  3. Elektroosmose ist eine weitere mögliche Bewegung der flüssigen Phase eines kolloidalen Systems in einem elektrischen Einheitsfeld. Ihre Geschwindigkeit ist direkt proportional zum elektrokinetischen Potenzial und umgekehrt proportional zur Viskosität des Systems.
  4. Durchflusspotential, das durch den mechanisch erzwungenen Durchfluss einer Flüssigkeit durch ein Kapillarsystem oder eine Membran entsteht. Das Ergebnis ist Entstehung einer Potentialdifferenz.
  5. Sedimentationspotenzial, das durch die Bewegung geladener kolloidaler Teilchen relativ zum Dispersionsmedium entsteht, z.B. unter dem Einfluss der Schwerkraft.

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