Die Tollensprobe, benannt nach dem deutschen Chemiker Bernhard Tollens, der sie entwickelt hat, ist die bekannteste Reaktion zum Aufspüren von Aldehyden. Er wird auch für andere Substanzen mit reduzierenden Eigenschaften verwendet. Dazu gehören zum Beispiel die Zucker. Die Tollensprobe wird unter Laborbedingungen am häufigsten zur Unterscheidung zwischen Aldehyden und Ketonen verwendet, aber auch zur Unterscheidung zwischen reduzierenden und nicht-reduzierenden Zuckern wird diese Probe eingesetzt.
Silberspiegelprobe
Die Tollensprobe ist weithin als so genannte Silberspiegelprobe bekannt, da sich an den Wänden des Laborgefäßes, in dem sie durchgeführt wird, ein Silberbelag bildet. Die metallische Silberfarbe ist auf das aus dem Reaktionsmedium austretende elementare Silber zurückzuführen. Dieses Verfahren hat nicht nur in der chemischen Industrie Anwendung gefunden. Auf diese Weise wird auch die Versilberung von Christbaumkugeln durchgeführt, obwohl das Verfahren heute kaum noch Anwendung findet.
Die Tollensprobe ist im Wesentlichen eine chemische Reaktion, die in der Chemie u.a. zum Aufspüren von Aldehyden verwendet wird. Aldehyde bilden eine Klasse von organischen Verbindungen, deren charakteristisches Merkmal das Vorhandensein einer Aldehydgruppe, d.h. einer Gruppe -CHO, im Molekül ist. Dank der Tollensprobe lassen sich Aldehyde und Ketone (funktionelle Gruppe -CO) auch leicht voneinander unterscheiden. Ketone gelten als chemische Verbindungen mit nahezu identischer Struktur und physikalisch-chemischen Eigenschaften im Vergleich zu Aldehyden. Dies ist jedoch ein Missverständnis, und die grundlegenden Unterschiede zwischen den beiden lassen sich z.B. mit der Tollensprobe oder Trommerschen Probe nachweisen. Ketone oxidieren nicht so leicht wie Aldehyde. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass ihnen ein Wasserstoffatom im Molekül fehlt. Daher ist ihr Ergebnis in der Tollensprobe und Trommerschen Probe negativ.
Wie werden Aldehyde in der Tollensprobe nachgewiesen?
Die Tollensprobe ist vor allem als charakteristische Reaktion zum Aufspüren des Vorhandenseins von Aldehyden bekannt. Er ist ein Beispiel für eine Redoxreaktion, auch bekannt als Oxidations-Reduktions-Reaktion. Das verwendete Tollens-Reagenz ist eine Ammoniaklösung, die durch Auflösen eines schwarzen Niederschlags von Silber(I)-oxid in einer wässrigen Ammoniaklösung gewonnen wird. Während des Auflösungsprozesses bildet sich ein Komplexion, das direkt mit Aldehyden reagiert. Dieses Reagenz ist nicht stabil und sollte frisch, unmittelbar vor der Durchführung der Bestimmung, gewonnen werden. Solche Lösungen sollten auch nicht über längere Zeiträume gelagert werden, da sich unter anderem Ag3N bilden kann, das explosive Eigenschaften hat.
Die Tollensprobe besteht aus zwei Hauptphasen:
- Herstellung des Tollens-Reagens: ein ausgewähltes Silbersalz, das in wässrigen Lösungen leicht in Ionen dissoziiert (z.B. Silbernitrat (V)), wird einer wässrigen Ammoniaklösung zugesetzt. Es findet eine Reaktion zwischen den Silberkationen und den Hydroxidanionen statt. Als Ergebnis entsteht Silberhydroxid, das sehr instabil ist und sich fast sofort zersetzt, wobei ein Niederschlag aus Silber(I)oxid entsteht. Der Niederschlag Ag2O reagiert mit Ammoniak– und Wassermolekülen, wobei ein Komplexion gebildet wird.
- Oxidation des Aldehyds mit gleichzeitiger Reduktion des Tollens-Reagenzes zu metallischem Silber: im zweiten, entscheidenden Schritt der Tollensprobe findet die Reaktion des Aldehydmoleküls mit dem Komplexion statt. Es kommt zu einer Oxidation der Aldehydgruppe zur Carboxylgruppe (es entsteht Carbonsäure) und zu einer Reduktion des Silberions aus dem Komplex zu metallischem Silber, das sich an den Wänden des Gefäßes ablagert. Gleichzeitig werden Ammoniak- und Wassermoleküle gebildet. Das Auftreten eines metallischen Niederschlags an den Wänden des Reagenzglases oder eines anderen Gefäßes ist ein Beweis für ein positives Ergebnis der Tollensprobe. Andernfalls gilt das Ergebnis als negativ.
Die Reaktionen des Tollens-Reagens mit Aldehyden laufen auf deren Oxidation hinaus (sie können nur zu den entsprechenden Carbonsäuren oxidieren), was das Vorhandensein einer Carboxylgruppe bestätigt. Das metallische Silber wirkt als Oxidationsmittel, indem es sich selbst reduziert. Eine Erhöhung der Temperatur begünstigt die Reaktion. Die gesamte Reaktion findet in einer leicht alkalischen Umgebung statt.
Ein positives Ergebnis der Tollensprobe wird auch durch die Reaktion des Tollens-Reagens mit Ameisensäure erzielt. Diese Säure enthält wie die Aldehyde eine Gruppe -CHO, die reduzierende Eigenschaften aufweist. Ameisensäure ist die einzige der Carbonsäuren, die diese Eigenschaften aufweist. Auch bestimmte Kohlenhydrate ohne Aldehydgruppe können in der Tollensprobe ein positives Ergebnis liefern, da sie unter alkalischen Bedingungen isomerisiert werden.
Tollensprobe oder Trommersche Probe?
Die Tollensprobe und die Trommersche Probe werden zum Aufspüren von Aldehyden und anderen ausgewählten Verbindungen mit reduzierenden Eigenschaften verwendet. Die beiden chemischen Tests werden sehr häufig miteinander verwechselt, da das Prinzip des Aufspürens der Gruppierung -CHO ähnlich ist. Sowohl die Tollensprobe als auch die Trommersche Probe oxidieren eine Aldehydgruppe zu einer Carboxylgruppe. Das entscheidende Element, das die beiden Tests voneinander unterscheidet, ist die Art des verwendeten Reagens. Während der Tollensprobe ein Komplexion, das ein Silberatom enthält verwendet wird, kommt bei der Trommerschen Probe frisch ausgefälltes Kupfer(II)-hydroxid zum Einsatz. Dieses nimmt die Form eines blauen, gallertartigen Niederschlags an. Bei erhöhten Temperaturen verhält es sich wie ein Oxidationsmittel. Kupfer in der zweiten Oxidationsstufe wird zu Kupfer in der ersten Oxidationsstufe reduziert. Dies äußert sich in der Bildung eines ziegelroten Niederschlags aus Kupfer(I)-oxid. Ketone, ähnlich wie in der Tollensprobe, ergeben auch in der Trommerschen Probe ein negatives Ergebnis aufgrund ihrer zu schwachen reduzierenden Eigenschaften, verursacht durch das Fehlen eines Kohlenstoffatoms in der funktionellen Gruppe.